Ich sitze an einem einfachen Holztisch. Vor mir ein Kaffeegedeck und eine Sahnecremetorte aus dem Supermarkt.
Ich beginne zu essen. Ohne Hast, ohne besonderen Genuss. Kaum ist das erste Stück verspeist, hebe ich das zweite Stück Torte auf meinen Teller. Dann das dritte, das vierte und so weiter.
Bald beginnt mein Körper zu rebellieren. Die Torte stößt mir auf, das Schlucken fällt mir schwer, meine Augen tränen und meine Nase läuft. Dennoch esse ich weiter. Immer öfter verkrampft mein Körper. Es gelingt mir jedes Mal das Erbrechen zu unterdrücken.
Nach 40 Minuten sind die knapp drei Pfund Torte gegessen. Ich kratze die letzten Krumen von meinem Teller, ruhe einen Moment aus und stelle mein Gedeck zusammen. Dann gehe ich ab.
Die Annahme, medial und gesellschaftlich proklamierte Bedürfnisse seien identisch mit intimen, tiefen, eigenen Bedürfnissen zwingt zur gewaltvollen Beherrschung des eigenen Körpers und Geistes. Innere Sehnsüchte werden verdrängt. An ihrer Stelle wollen vermeintliche Bedürfnisse nach Konsum, Zerstreuung und Genuss befriedigt werden.