Ronald Gerber öffnet sich. In einem 40 minütigem Video stellt er uns drei Personen vor, die
sich den engen Platz in ihm teilen müssen, obwohl sie kaum unterschiedlicher sein könnten.
Henning Suess, Yves Mertens und Jens Friebel stehen für Biografien, Weltbilder und Lebensstrategien, die zwar
schrullig und verschroben sind, für sich genommen aber plausibel und authentisch wirken.
Aufeinander losgelassen geraten diese inneren Anteile aber in harte Konkurrenz um Sinn und
Unsinn und richtig oder falsch.
Ronald Gerber verschließt sich. Dreimal inszeniert er sich als Prototyp einer
Künstlerpersönlichkeit wohlwissend, dass er nicht überzeugen kann, solange er sich nicht für
eine davon entscheidet sondern alle drei parallel anbietet. Er macht keinen Hehl daraus, dass
kaum ein Mythos ohne Inszenierung auskommt und dass dieses Wissen uns den Spaß am
Mythos verdirbt, weil es uns ahnen lässt, dass die Realität oft profaner ist als uns lieb wäre.
Ronald Gerber sucht sich selbst. Wie beim Schiffe versenken lotet er aus, was er alles nicht
ist. Als trauere er um verschenktes Potential, rekonstruiert er, was aus ihm hätte werden
können, wenn er an diesem oder jenem Punkt in seinem Leben anders abgebogen wäre. Und
wie bei einer Rasterfahndung nach sich selbst, versucht er das einzukreisen was er wirklich
ist. Natürlich stolpert er über das Wort Wirklichkeit und inszeniert seinen darauffolgenden Sturz
ironisch, poetisch und ohne Angst davor, in seiner Eitelkeit eine schlechte Figur zu machen.
Und erneut befragt Ronald Gerber den Kunstmarkt. Alle drei vorgeführten Künstler leiten aus
ihrer Weltsicht nämlich ein Kunstwerk her, das sich nahtlos in ihr Denken und bisheriges
Schaffen einfügt. Er verblüfft, weil er drei Künstler das exakt gleiche Werk erfinden lässt: Eine
verspiegelte Pyramide mit dreiseitiger Grundfläche, die der Arbeit ihren Namen gab:
Spiegelpyramide.
Gerber führt vor, dass jedes Kunstwerk erst durch den Kontext in dem es präsentiert wird
seine Bedeutung erlangt, ebenso wie jeder Mensch erst durch das was ihm in seinem Umfeld
widerfährt seine vermeintlich immanente Persönlichkeit entwickelt.
Neben Gerbers schauspielerischer Leistung, beeindruckt diese Arbeit durch ihre Balance von
Ernsthaftigkeit und Witz. Die Realitätskonstruktionen der drei Protagonisten sind wohl
überlegt, pointiert formuliert, reflektieren die Kunst und wie man darüber denken könnte.
Die Wahrheit – wenn es sie überhaupt gibt - liegt wie immer irgendwo dazwischen.
Ronald Gerber regt wie immer an, unterhält, irritiert, ist ernst, provokant und dabei stets
poetisch.
Pressetext von Sabine Aichele-Elsner, Galerie Artae, Januar 2009